'Palais de Gruyère (Grand Palais au Fromage Suisse)'. Part 01: 'äbe nid'

Personal Project

Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner

Gregory Gilbert-Lodge and Michael Sans join forces and tell the abstruse and fantastic fairy-tale about a Grand Palais au Fromage Suisse, the 'Palais de Gruyère'.
This first part 'äbe nid' of the long-term collaboration on this project between the two designers was exhibited in 'Grand Palais' in Bern, Switzerland in 2008.
 
ideation and concept by Gregory Gilbert-Lodge and Michael Sans

all illustrations by Gregory Gilbert-Loge
all objects design and model making by Michael Sans
 
links:
www.gilbert-lodge.com
www.grandpalais.ch
www.rudolfsteiner.me

Illustration © Gregory Gilbert-Lodge
Illustration © Gregory Gilbert-Lodge

BKA, Berner Kulturagenda, N°36, October 9 - October 15, 2008.
Text by Claudia Sandke:

"Die Mär von Hitlers Käsegier.
Zwei Freunde, ein Schweizer und ein Deutscher, umgarnen mit dem Kunstprojekt «äbe nid» die Beziehung zwischen ihren beiden Heimatländern. Das Grand Palais bildet die Bühne für das abstruse Märchen: Hitler will ein Käsepalais an sich reissen.

Die Beziehung zwischen Deutschland und der Schweiz ist keine einfache. Schwierig zu beschreiben und schwierig darzustellen.
Was war denn nun im Zweiten Weltkrieg mit der Schweiz? Und wie ist das Verhältnis heute, wo immer mehr Deutsche in die Schweiz einwandern und dort nicht nur auf Gegenliebe stossen?
Der Schweizer Gregory Gilbert-Lodge (Jahrgang 1967) und der Deutsche Michael Sans (1969) sind in Deutschland zusammen zur Schule gegangen und Freunde geworden. Der Zürcher ist heute Illustrator und der Berliner hat eine Gastprofessur in Braunschweig und arbeitet als Produktdesigner. Zusammen fuhren sie in ihrer Mission auf die Insel Rügen, um zu brainstormen. Zwanzig Begriffe kristallisierten sich heraus, darunter der Name Adolf Hitler. Um ihn herum spannen die beiden Künstlerfreunde im Februar bei Eiseskälte am Strand der Ostsee eine Geschichte um Deutschland und die Schweiz, quasi alpenländisches Seemannsgarn.

Käse als Baustoff.
Und so geht das Gespinst der binationalen Künstlermission: Adolf Hitler hat eine grosse Begierde – das Palais de Gruyère, ein riesiger Käse mit einem filigranen Holzunterbau. Er will es unbedingt in sein Feriendomizil Obersalzberg bei Berchtesgaden übersiedeln. Im Wartesaal des Grand Palais – dem ehemaligen Wartsaal des «Blauen Bähnli» am Helvetiaplatz – sitzt er zusammen mit Eva Braun. Gemeinsam wollen sie zum Käsepalais fahren. Von einem Tourismusplakat an der Wand lockt das Objekt der Begierde. Es ist so begehrt, das selbst der berühmte Architekt HerzogdeMeuron bereits Anfang der 20er-Jahre scharf auf die Urheberrechte war. Doch die Eigentümer des Palais, Gregory Gilbert-Lodge und Michael Sans, widersetzen sich. Der Vertrag kommt nicht zustande. Adolf Hitler als grosser Käseliebhaber will den Greyerzer Käse als Baustoff für weitere Repräsentationsbauten am liebsten selbst herstellen. Um die gewaltigen Mengen an Käse herzustellen, müssen Kühe gezüchtet werden, die viel Milch geben. Doch die Mission scheitert: Das Palais de Gruyère wird zwar für die Übersiedlung abgebaut, doch der Transport geht schief. Immerhin hat Hitler als kurzer Besitzer des Palais die Schweiz nicht angegriffen. Aber das Käsepalais verschwindet ganz, fast so wie das Bernsteinzimmer.

Wo ist die Kunst?
Was nach einem Theaterstück klingt, ist die Kunstausstellung «äbe nid!». Kunstobjekte von Gregory Gilbert-Lodge und Michael Sans illustrieren ihre abstruse Mär. Adolf Hitler und Eva Braun sitzen als Objekte im einstigen Wartesaal, der mit einer Originallampe und -uhr ausgestattet ist. Ein Bild des Schäferhundes Blondi von Adolf Hitler und ein Tourismusplakat vervollständigen die Ausstattung des Raums. Das Modell des Käsepalais ist das zentrale Objekt. Selbst die fiktive Vertragsverhandlung ist mit einem Druck belegt: Die beiden Künstler sitzen mit dem Angebot am Tisch, HerzogdeMeuron steht dahinter. Der Kopf der toten Kuh schaut freundlich von der Bretterwand des Grand Palais, Hitler geht leer aus, er bekommt es «äbe nid!». Und was bedeutet das nun für die Beziehung Schweiz – Deutschland? Schwer zu sagen. «Eine Fortsetzung folgt», sagt der Berliner Michael Sans. «Wir reissen das Thema an, ohne es zu beantworten. Es ist ein zynisches Märchen.»"

Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner

Palais de Gruyère (Werk 5)
GRAND PALAIS AU FROMAGE SUISSE

Zu einer ersten Besichtigung des Palais de Gruyère durch Adolf Hitler kommt es Anfang der 40er Jahre.

Scale-Modell im Masstab 1:87, Mixed Media, unverkäuflich

Illustration © Gregory Gilbert-Lodge
Illustration © Gregory Gilbert-Lodge
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
Photo @ Rudolf Steiner
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Palais de Gruyère (Werk 3)
ADOLF HITLER UND EVA BRAUN

Adolf Hitler und Eva Braun im Wartebereich des Grand Palais in Bern/Schweiz. Nachdem sich die Beiden mit Kaffee und Kuchen gestärkt haben, wollen sie die 2,5-stündige Fahrt mit der Bergbahn zum Palais de Gruyère in Angriff nehmen. Schon seit Wochen redet Hitler von nichts anderem als dem geplanten Ankauf und der baldigen "Übersiedlung" des Käsepalastes an den Obersalzberg. Eva Braun leidet seit mehreren Jahren unter einer immer schlimmer werdenden Laktoseunverträglichkeit und mag daher keinen Käse. Ausserdem interessiert sie sich nicht für Architektur. Hitlers Verlobte ist schlecht gelaunt. Es kam in den letzten Tagen mehrfach zu Unstimmigkeiten, ja gar kleinen Auseinandersetzungen zwischen dem Paar. Fräulein Braun möchte die Schweiz schnell verlassen.

Mixed Media, unverkäuflich

Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner

Palais de Gruyère (Werk 10)
REICHSKÄSEKUH RKK 15

Präparat der Reichskäsekuh Nr. RKK 15, gestorben Februar 1942

Mixed Media, unverkäuflich

Photo @ Rudolf Steiner
Photo @ Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner
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Illustration © Gregory Gilbert-Lodge
Illustration © Gregory Gilbert-Lodge

Palais de Gruyère (Werk 8)
DER VERTRAG

Mehrfach und auf penetranteste Weise versucht der Architekt HerzogDeMeuron Anfang der 20er Jahre den beiden Architekten und Eignern des Palais de Gruyère, Gregory Gilbert-Lodge und Michael Sans, die Urheberrechte am Entwurf des Gebäudes abzuschwatzen. Um sowohl die Entwurfsleistung als auch die Ausführungsbetreuung des Palais offiziell ins eigene Portfolio aufnehmen zu dürfen (und somit das Design als das Seinige ausgeben zu können), werden den eigentlichen Erschaffern und Architekten grosse Geldbeträge geboten. Die Verhandlungen gestalten sich von Anfang an sehr schwierig, es kommt am Ende nicht zu einer Vertragsunterzeichnung.

Inkjet Print, einfarbig (Schwarz), 120 cm x 90 cm (Bild: 100 x 70 cm), Büttenpapier, 310 g/m2 Hahnemühle Photo Rag, weiss, Auflage: 2 Exemplare, unverkäuflich

Palais de Gruyère (Werk 2)
UHR

Originales Uhrmodul (eine der ersten digitalen LED-Uhren der Welt) aus dem Wartebereich des Grand Palais, Bern, Schweiz. Etwa 1940

Mixed Media, unverkäuflich

Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans
Photo © Michael Sans

Palais de Gruyère (Werk 11)
DAS LABOR

Stilleben aus dem Labor der Veterinäreinheit 'Reichskäsekuh'.

Siebdruck, zweifarbig (Schwarz + ganzflächig Grau (Schwarz lasierend) unterlegt), 60 cm x 50 cm, Büttenpapier, 270 g/m2 BFK Rives, weiss, Auflage: 25 Exemplare, signiert, Preis auf Anfrage

Illustration © Gregory Gilbert-Lodge
Illustration © Gregory Gilbert-Lodge
Photo © Rudolf Steiner
Photo © Rudolf Steiner

Palais de Gruyère (Werk 9)
DIORAMA

Inspektion einer der Reichskäsekühe durch 2 Angehörige der Wehrmacht im Offiziersrang. Als grosser Käseliebhaber war Adolf Hitler von der Idee besessen, nicht nur das Schweizer Palais de Gruyère an den Obersalzberg zu holen, sondern auch mit dem Einsatz von Käse (vornehmlich Gruyère) als Baustoff für diverse Repräsentationsbauten in der Reichshauptstadt Berlin zu experimentieren. Hierzu wären nicht nur riesige Mengen an Milch notwendig gewesen, sondern es musste auch versucht werden, die sehr besondere Zusammensetzung der von den Erbauern des Palais de Gruyère benutzten Milch herauszufinden. Auf Anweisung Adolf Hitlers wurde daher schon Ende der 30er Jahre mit der versuchsweisen Züchtung von Hochleistungs-Milchkühen begonnen. Bis kurz vor Kriegsende wurden diese Versuche auf einem kleinen Hof im Hunsrück durchgeführt.

Die Operation fand unter strengster Geheimhaltung statt, die speziell ins Leben gerufene Veterinäreinheit «Reichskäsekuh» unterstand direkt dem OKW. Die Züchtungsversuche sind gescheitert. Alle der insgesamt 23 Reichskäsekühe waren aufgrund ihrer Mutationen (übergrosse, aber «leistungsschwache» Euter) nicht überlebensfähig und mussten getötet werden.

Mixed Media, unverkäuflich